Der Bergbau auf Neustädter Flur


Meißnische Land- u. Berg-Chronica

Die erste Nachricht über den Neustädter Bergbau liefert uns Petrus Albinus (1543-1598), kursächsischer Geschichtsschreiber, in seiner 1589 erschienenen “Meißsnischen Land und Berg-Chronica“: „So seind nu die Bergwerck auffkommen … 1320 Bey der Newstadt im Ampt Honstein bey der Elbe in Meyssen." Urkundlich erwähnt wurde unser Neustadt erstmalig in einem unter dem 9.Oktober 1333 vom königlich-böhmischen Hauptmann zu Pirna, Heinrich von Bran, in mittelhochdeutsch verfassten Schriftstück im Zusammenhang mit dem “goltwerke zue der Nuwenstad“. Heinrich von Bran übereignet mit diesem Schreiben die Hälfte seiner Goldgruben dem Landgraf von Thüringen und Markgraf von Meißen. Friedrich II., auch der Ernsthafte genannt.

Urkunde vom 09.Oktober.1333
Urkunde vom 09.Oktober.1333

Bereits am 10. November 1333 wurde Neustadt das zweite Mal urkundlich erwähnt, als Kaiser Ludwig der Bayer (Regierungszeit 1328-1347) seinen Schwiegersohn, den Markgrafen zu Meißen, Friedrich II., mit dem Goldbergwerk bei Neustadt in einem in Heilbronn in lateinischer Sprache ausgestellten Brief belehnt. Heinrich von Bran wird in diesem Dokument nicht mehr erwähnt. Friedrich II., der von 1324-1349 Markgraf von Meißen war, hatte vier Söhne: Friedrich, Balthasar, Ludwig und Wilhelm. Friedrich, der älteste Sohn, wurde 1349 nach dem Tod des Markgrafen am 18. November 1349 als Friedrich III sein Nachfolger. Kaiser Karl IV. belehnte am 6. Februar 1350 die vier Brüder mit dem Goldbergwerk bei Neustadt in der Pflege Hohnstein. Auf Befehl der Markgräfin Katharina wurde am 13. Januar 1420 von der am 6. Februar 1350 ausgestellten Urkunde über das Goldbergwerk bei Nuwenstad ein Transsumpt angefertigt. Dies ist eine Bestätigung einer alten Urkunde mit Rechtskraft. Die Herzöge Ernst und Albrecht von Sachsen verliehen am 20. Februar 1472 dem Edelmann Heinrich von Starschedel und seinen Gewerken etliche neue Bergwerke im Umkreise einer halben Meile um Neustadt. Worauf geschürft werden sollte, wird in dem Privilegienbrief nicht angegeben. Bekannt ist nur, dass durch Heinrich von Starschedel bis 1481 eine Goldwäscherei im nahe gelegenen Hohwald betrieben wurde.

In einer Akte des Oberbergamtes Freiberg aus dem Jahre 1569 wird auch Neustadt wieder als Goldfundstätte ausgewiesen. Der Goldbergbau bei Neustadt wird um 1590 als noch „gangbar“ bezeichnet und als ein aus mehreren Gruben bestehendes Werk. Über die genaue Lage dieser Goldgruben und deren Ausbeute ist jedoch nichts überliefert worden. Vermutlich handelte es sich bei dieser Unternehmung um Seifenbergbau am Unterlauf der Lohe. Beim „seifen“ werden Schwerminerale und Erz z.B. Gold mit Hilfe von fließendem Wasser in Rinnen ausgewaschen. Bis heute trägt dieses Gebiet die Flurbezeichnung „die Seifen“. 1875 wurden dort beim Bau der Eisenbahnstrecke Neustadt – Neukirch in diesem Gebiet wiederholt steinerne und hölzerne Gerinne gefunden. Diese Funde könnten alles Hinweise auf den ersten bekannten Goldbergbau von Neustadt sein.

Zeitgenössische Darstellung des Goldwaschen um 1550
Zeitgenössische Darstellung des Goldwaschen um 1550

In den Akten des Bergarchivs Freiberg werden für das Neustädter Gebiet noch folgende Gruben bzw. Bergbauversuche genannt:

•  im Jahre 1597 - die "Hülffe Gottes“, der "Rosencranz bey der Mühle“, die "Auferstehung Christi“ (Seifenbergbau)

•  im Jahre 1598 - der "Junge Hirsch

•  im Jahre 1604 - der "Güldene Hirsch“, die "Güldene Fortuna

  Die Grube “Güldene Fortuna“ befand sich auf dem Gelände der ehemaligen Schwabenmühle.

•  im Jahre 1606 - die "Himmelfahrt Christi

• 1608 wurde in Neustadt eine besondere Gewerkschaft gegründet mit dem Ziel der erneuten Anlegung eines Goldbergwerkes. Diese hatte bereits den Steiger Wolf Lauterer sowie den Schichtmeister Jakob Meyer angestellt. An den Kurfürsten von Sachsen wurden einige Gold-Proben geschickt, in der Hoffnung, einen Vorschuss für dieses Unternehmen zu bekommen. Da jedoch die kursächsischen Bergbaudirektoren das geplante Vorhaben abfällig bewerteten, wurde die erhoffte Unterstützung nicht gewährt. Diese Entscheidung bedeutete wahrscheinlich das baldige Ende dieser Bergbauunternehmung, da es keine weiteren Nachrichten hierüber gibt.

Blick zum Steinbruch auf dem Hirtenberge
Blick zum Steinbruch auf dem Hirtenberge

Danach gab es lange Zeit keine ernsthaften Bemühungen wieder Bergbau auf Neustädter Flur zu betreiben. Nachdem jedoch 1884 im Städtischen Steinbruch auf dem Hirtenberge beim „Bruch von Straßensteinen“ Silbererz gefunden wurde, kam wieder Hoffnung auf. Der Neustädter Bürger Friedrich Mildner ließ daraufhin eine Probe des gefundenen Erzes in Freiberg untersuchen und gab am 21.März 1884 auf einer Versammlung des Gewerbevereins einen Bericht über die Ergebnisse. Eine Niederschrift über diese Versammlung gibt folgendes wieder: …eine Untersuchung in Freiberg habe ergeben, daß, wenn das Lager mächtig genug ist, dasselbe auch abbauwürdig sei. Eigentlich sei das Vorkommen von Silbererz inmmitten von Granit gegen alle Regeln der geognostischen Wissenschaft, dennoch aber sei der Thatbestand vorhanden, und müsse angenommen werden, das bei vulcanischen Eruptionen der Vorzeit sich Risse in den Granit gebildet haben, die dann von unten mit der silberhaltigen Masse ausgefüllt worden sind. Es könne das Silbererz also nur in Gängen vorkommen und würde es sich nun fragen, ob man zunächst einen solchen Gang auffinden und im Stande sein wird, die Granitschichten zu durchbrechen. Es soll nach Möglichkeit daran gearbeitet werden, allein für einen günstigen Erfolg sind augenblicklich noch keine Hoffnungen zu erwecken, dagegen sei es für uns und unsere Nachkommen nur wünschenswerth, wenn in unserer Gegend der vor Jahrhunderten verklungene Bergmannsgruß: „Glück auf“ von neuem aufleben würde. Herr Mildner legte einige Proben des hier gefundenen Silbererzes vor, die mit großen Interesse beschaut wurden. Durch eine Loupe kann man ganz deutlich den lieblichen Silberblick wahrnehmen.

Schurfschein für Fr. Mildner
Schurfschein für Fr. Mildner

Bereits am 2. April 1884 wurde durch das Königlich Sächsische Bergamt in Freiberg ein „Schurfschein“ für Friedrich Mildner ausgestellt. Dieses Dokument berechtigte Fr. Mildner innerhalb eines genau begrenzten Gebietes auf dem Neustädter Hirtenberg „von der Oberfläche aus nach metallischen Mineralien zu schürfen“ , jedoch musste er sich streng an die gesetzlichen Vorschriften halten. Wahrscheinlich hat sich aber kein abbauwürdiges Erzvorkommen auffinden lassen, denn es sind keine weiteren Nachrichten darüber zu finden. Erst in den im Jahre 1890 erschienenen „Erläuterungen zur geologischen Specialkarte des Königreichs Sachsen / Section Neustadt – Hohwald“ wird über das Erzvorkommen vom Hirtenberg berichtet. Dort finden sich diese Zeilen: „An vielen Stellen, so z. B. auf dem Hirtenberge bei Neustadt sind die Schiefereinschlüsse im Granit dicht imprägniert mit Pyrit, der auch hier die Veranlassung zu erfolglosen bergbaulichen Versuchen gegeben hat. Eine Probe dieses angeblich silberhaltigen Gesteines erwies sich beim Auskochen des Pulvers mit konzentrierter Salpetersäure und nachträglichen Zusatz von Salzsäure als völlig silberfrei.

Heute findet man in Neustadt keine Spuren des ehemaligen Bergbaus mehr. Vorhandene Seifhalden sind sicherlich zur Nutzbarmachung der Flächen eingeebnet und aufgefundene Stollen verfüllt worden wie z.B., der Stollen, der beim Bau der Eyslerischen Ziegelei aufgefunden wurde. Jedoch weisen noch heute mehrere geographische Bezeichnungen wie die Seifen, der Seifweg oder auch die Seifwiesen auf die alte Bergbaugeschichte hin. Dass Neustadt von Bergleuten aus Freiberg gegründet wurde, wird durch die Feststellung, dass 36 Namen von insgesamt 58 steuerpflichtigen Neustädter Bürgern laut Türkensteuerverzeichnis im Jahre 1529 auch in Freiberg vorkamen (HANTZSCH 1933), bekräftigt. Auch gibt es in Neustadt ebenso wie in Freiberg eine Kirche, die dem Apostel Jacobus dem Älteren geweiht ist.

Jacobi-Kirche in Neustadt
Jacobi-Kirche in Neustadt