Die Scheuchenmauer

 

Den folgenden Text stellte mir der Neustädter Heimatfreund Wolfgang Schultze freundlicherweise zur Verfügung.

 

Bei einer Wanderung über Dörings Berg bei Langburkersdorf kann man noch heute Reste eines beeindruckenden Steinwalles sehen. Dieser wurde vor etwa 300 Jahren angelegt, um das Ausbrechen von weidenden Tieren zu verhindern und diente gleichzeitig als Begrenzung der Flächen des Rittergutes Langburkersdorf gegenüber dem Ort Rugiswalde. Er zeugt von harter Fronarbeit der Bauern, die dafür Anspännerdienste leisten mussten. Dieser Steinwall wird in einer Langburkersdorfer Flurkarte von 1843 als „Scheuchemauer“ bezeichnet. Woher diese Bezeichnung rührt, ist noch ungewiss.

Ein geschichtlicher Rückblick: Der Burkersdorfer Rittergutsbesitzer Heinrich Gebhard von Miltitz schuf 1651 ein „Erbregister“, in dem sämtliche Rechte und Pflichten der Herrschaften und ihrer Untertanen festgelegt waren. Auch der Ort Schönbach gehörte fast immer zum Rittergut Burkersdorf und hatte damit auch dort zu „fronen und czinsen“. Am 18. März 1705 fand vor dem Burkersdorfer Schloss ein Gerichtstag statt, zu dem die Gutsherrin Martha Magdalena verw. v. Miltitz die Schönbacher Anspänner dazu aufforderte, unverzüglich Steine anzufahren zu „Garten und anderen Mauern“. Beim Nichtbefolgen wurde „1 guldin“ Strafe angedroht. Das passte den Schönbachern überhaupt nicht. Die Frühjahrsbestellung stand vor der Tür, sie sagten zu dieser Aufforderung zunächst gar nichts und „standen da wie klöze“, so der damalige Gerichtsschreiber. Sie sahen in ihrem Erbregister nach und waren der Auffassung, dass die Gutsherrin mit ihren Forderungen nicht im Recht sei. Diese bestand jedoch auf ihrer Auslegung des Erbregisters, nach dem die Schönbacher Anspänner diese Arbeit zu leisten hätten, konnte diese jedoch nicht davon überzeugen. Und diese riefen den Landesherrn, August den Starken, als höhere Instanz an. Er beschied Frau von Miltitz, die Anspänner nicht weiter zu belasten.

Kaiser Joseph I.
Kaiser Joseph I.

In der Zwischenzeit hatten jedoch Knechte der Gutsherrin die Wohnungen derjenigen Schönbacher Bauern ausgeräumt, die den Strafgulden nicht zahlen konnten. Dabei wurden auch die Betten mitgenommen und im Burkersdorfer Schloss „verwaret“. Nun nahmen sich die Anspänner den Dresdner Rechtsanwalt Niemitz und reichten Klage beim kurfürstlichen Hofgericht zu Dresden ein. Die Gutsherrin verbat sich gegenüber König August seine Einmischung in die Angelegenheiten ihres Einflussbereiches. Sie soll Dutzende von bestochenen oder durch Drohungen eingeschüchterte Zeugen aufgeboten haben, um die Schönbacher beim Landesvater in Misskredit zu bringen. Seltsamerweise schickte dieser ihre Eingaben nach Schönbach. Am 1. Oktober 1705 ersuchten die 13 Anspänner um eine vierwöchige Frist zur Erarbeitung einer Entgegnung auf die Klagen der Gutsherrin. Der König seinerseits gab den Befehl, einen Vergleichstermin zu benennen. Anfang 1706 unternahmen der Anwalt Niemitz und der von der Gutsherrin benannte Vertreter, Gerichtsstatthalter Rüdiger, unter Vorsitz des sächsischen Kanzlers von Pönitz den Versuch einer Einigung. Dieser misslang und die Angelegenheit wurde vertagt. Der Polnisch-Schwedische Krieg brach aus und alle Zivilprozesse kamen zum Erliegen. Später kamen die Akten an das kaiserliche Oberhofgericht nach Wien und blieben dort liegen, bis Mahnbriefe beider Prozessparteien dazu führten, dass selbst Kaiser Joseph I. vom „Schönbacher Federkrieg“ erfuhr. Er entschied, dass sein Oberhofgericht für diesen Fall nicht zuständig sei und ließ die Akten wieder an Kanzler Pönitz zurückschicken. Nunmehr wurde am 26. Januar 1710 ein neuer Termin angesetzt, und dieser endete wieder unentschieden. Seit Beginn des Streites waren 6 Jahre vergangen, auch die Besitzer des Rittergutes hatten gewechselt. Die bisher vergangene Zeit und die dabei aufgelaufenen Kosten führten wohl nun endlich dazu, am 6. Februar 1711 einen Vergleich einzugehen, dessen genaue Bedingungen leider bisher unbekannt sind, jedenfalls wurde der Steinwall gebaut. Die Last des Frondienstes wird teilweise in einer heimatkundlichen Arbeit aus dem Jahre 1953 deutlich: „Mauerreste in einer Ausdehnung von insgesamt über 1500 Meter und einem Gewicht von schätzungsweise 2500 Tonnen liegen noch heute im Walde zwischen dem VEG Burkersdorf und der Kuppe des Döringsberges nach Rugiswalde zu“.

 

W. Schultze; März 2011 (nach Quellen von: G. Kowitzke, Sebnitz; L. Herlt, Erding; R. Teich, Neustadt)

Die Scheuchenmauer auf dem Döringsberg
Die Scheuchenmauer auf dem Döringsberg
Die Scheuchenmauer auf dem Döringsberg
Die Scheuchenmauer auf dem Döringsberg
Die Scheuchenmauer auf dem Döringsberg
Die Scheuchenmauer auf dem Döringsberg
Die Scheuchenmauer auf dem Döringsberg